Generative KI und die Schönheit

„Inspirierend anders“, der Podcast von Luca Beutel, geht seit 2023 immer wieder in die Forschung. Für die letzte Folge hat der Mann mit dem Schnäuzer wieder einmal mit Prof. Dr. Oliver Bendel gesprochen. Der Technikphilosoph lebt in Zürich und arbeitet an mehreren Hochschulen der FHNW. Er ist zudem assoziierter Forscher der Potsdam Embodied Cognition Group an der Universität Potsdam. Die Folge, ausgestrahlt seit dem 2. Juli 2024, heißt „Generative KI und ihre Auswirkungen auf Schönheit und Sexualität“. Oliver Bendel geht darin auf Textgeneratoren und Bildgeneratoren und auf die damit verbundenen ethischen und ästhetischen Herausforderungen ein. Er erwähnt u.a. den American Smile, dem er ein ganzes Booklet mit demselben Namen gewidmet hat, und die Zurückhaltung von ChatGPT beim Bewerten menschlicher Schönheit, dokumentiert in einem weiteren Booklet mit dem Titel „AN AI EXPLAINS BEAUTY“ … Die Folge kann über Spotify gestreamt werden.

Abb.: Eine schöne Alte (Bild: Ideogram)

Erste Erfahrungen mit DALL-E 3 – Teil VIII

Schönheit war einem schon in mehreren Bildern von DALL-E 3 begegnet, von Menschen und Dingen. Auch den jungen Mann der letzten Darstellung mögen einige attraktiv finden. Bei den Tests taucht kaum Hässlichkeit auf, außer im Kitsch. Manchmal sind beide im Widerstreit auf einem einzigen Bild. In diesem, das von Oliver Bendel noch am 3. Oktober 2023 angefertigt wurde, zeigt sich eine pubertierende Schönheit inmitten von opulenter Blumenpracht. Der Prompt hatte gelautet: „Blonde teenage girl lies prone on blanket in garden, thousands of colorful flowers grow at edge of garden, photorealistic“. Von Schönheit war also keine Rede gewesen – aber diese Protagonistin und ihre Altersgenossinnen würden Angela Hayes in „American Beauty“ blass aussehen lassen, selbst für Lester Burnham. Ob man die Gesamtkomposition in ästhetischer Hinsicht durchgehen lassen will, ist eine andere Frage. Zur allgemeinen, fast erdrückenden Pracht bildet immerhin die graue, schlichte Decke einen Widerpart. Und auch der kurze Rasen wird schon andere Zeiten gesehen haben, in denen sich lediglich Igel und Amseln auf ihm bewegten. Wobei diese durchaus Schönheit bedeuten können, die Schönheit der Natur und des Natürlichen. Das Künstliche legt sich auch in diesem Bild wie ein Schleier über alles.

Abb.: Ein Teenager inmitten von Blumen (Bild: DALL-E 3)

Kleiner Versuch über die Schönheit

„Schönheit (engl. ‚beauty‘) im allgemeinen Sinne ist eine visuelle, akustische, haptische oder ideelle Kategorie, die etwa das Schönsein des Himmels am Tag und in der Nacht, der Natur, eines Körpers, eines Gesichts, eines Gegenstands, eines Kunstwerks oder einer Formel umfasst.“ Mit diesen Worten beginnt ein neuer Beitrag im Gabler Wirtschaftslexikon von Oliver Bendel. Mehrere Abschnitte widmen sich der Schönheit aus Sicht der Philosophie und anderer Disziplinen und dem Zusammenhang zwischen Kunst und Schönheit. Auch auf Wirtschaft und Schönheit wird eingegangen. So heißt es etwa mit Blick auf die Technik: „Cyborgs gefallen sich mit äußerlich sichtbaren technischen Strukturen. Humanoide und soziale Roboter überzeugen auf den ersten Blick mit ihrer künstlichen Schönheit, wobei bei Androiden das Uncanny Valley im Wege ist, das unheimliche Tal. So wirken Sophia, Harmony und Erica trotz oder gerade wegen ihrer perfekten Gesichter unheimlich, wenn sie lächeln. Avatare und (Pseudo-)Hologramme können fotorealistisch und hochattraktiv sein.“ Im letzten Abschnitt wird wiederholt die Perspektive der Ethik eingenommen. Der Beitrag ist am 22. Februar 2023 erschienen und kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/schoenheit-124971 aufgerufen werden.

Abb.: Ein Bildgenerator versucht sich an Schönheit

Über die Schönheit weiblicher Roboter

Die Hersteller humanoider Roboter ahmen gerne Frauen nach. Es gibt mehrere Gründe dafür, und manche hat auch Hiroshi Ishiguro genannt, der in Wien bei der Konferenz „Robophilosophy“ neben Joanna Bryson und Oliver Bendel eine Keynote gegeben hat. Frauen wirken, so eine Annahme, vertrauenswürdiger und anziehender auf uns als Männer. Gerade Kinder erschrecken nicht vor ihnen, selbst wenn es gar keine Menschen sind. Eine andere Annahme ist, dass Frauen und ihre künstlichen Ebenbilder vieles gemeinsam haben, weil Frauen selbst künstliche Elemente in sich und auf sich tragen. Die meisten Frauen schminken sich, überdecken Unreinheiten und Farbveränderungen, entfernen Haare, manche korrigieren scheinbare Mängel und Fehler mit Hilfe von Einspritzungen und Schönheitsoperationen. Tatsächlich sehen manche Frauen, die viel an sich gemacht haben und haben machen lassen, ein wenig aus wie Roboter, und genau das ist günstig für die Hersteller. Das Resultat sind Maschinen wie Sophia und Erica (die von Ishiguro geschaffen wurde). Sie sind künstliche Geschöpfe, gestaltet nach der künstlichen Schönheit der Frau. Dass es auch anders geht, zeigt ein männlicher humanoider Roboter, der Werbung für „Westworld“ macht. Mit viel Akribie hat man ihm Haare verpasst, auf den Armen, im Gesicht, kleine Warzen und Male. Gerade dadurch sieht er besonders real (und interessant) aus. Es wäre an der Zeit, einen weiblichen Roboter zu schaffen, der sich an der natürlichen Schönheit der Frau orientiert. Nicht, um das eine oder das andere Verhalten zu kritisieren, sondern um Stereotype aufzubrechen. Künstlerisch und technisch möglich ist das allemal. Ishiguros Geminoid ist übrigens ein eigener Fall. Er orientiert sich an der künstlichen Schönheit des Mannes.

Abb.: Roboter können Stereotype festigen und aufbrechen