Der Avatar Jade als Wettermoderatorin

Beim Privatsender M Le Média ist seit Anfang April 2023 der Avatar Jade als Wettermoderatorin zu sehen. Dies sorgt für Aufregung bei den Schweizer Medien und ihren Rezipienten. Allerdings ist die Idee, einen Avatar als Nachrichtensprecher oder für die Durchsage des Wetterberichts einzusetzen, nicht gerade neu. Die ersten Versuche gab es bereits vor einem Vierteljahrhundert. Im Lexikon der Wirtschaftsinformatik von Springer aus dem Jahre 2001 ist ein Beitrag von Oliver Bendel zum Begriff des Avatars abgedruckt, der diese Passagen enthält: „Avatare finden zum einen Verwendung in kollaborativ genutzten virtuellen Räumen wie Chats, Internet-Spielwelten (MUDs und MOOs), webbasierten Lern- und Arbeitsumgebungen und kommerziellen 3D-Anwendungen (Virtual Reality). Sie fungieren dort als sichtbare und teils auch bewegliche und manipulierbare Stellvertreter eines Benutzers.“ Sie können „zum anderen eine beliebige Figur mit bestimmten Funktionen repräsentieren“. „Solche Avatare treten – beispielsweise als Kundenberater und Nachrichtensprecher – im Internet auf oder bevölkern als Spielpartner und -gegner die Abenteuerwelten von Computerspielen. Sie haben häufig ein anthropomorphes Äußeres und eigenständige Verhaltensweisen oder sogar regelrechte Charaktere.“ Der Beitrag ist bereits im Jahre 2000 entstanden und eingereicht worden und verweist auf Beispiele um die Jahrtausendwende. Von daher haben Avatare dieser Art eine lange Tradition. Beeindruckend ist Jade trotzdem – sie wirkt sehr natürlich und sympathisch und scheint durchaus in der Lage, Sprecher aus Fleisch und Blut zu ersetzen.

Abb.: Jade bei ihrer Moderation am 20. April 2023 (Foto: M Le Média/YouTube)

Künstliche Nachrichtensprecher

Wie verschiedene Medien melden, hat die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua ein System vorgestellt, das im Fernsehen Nachrichten verlesen kann. Die verfügbaren Avatare sind realen Sprechern nachgebildet, nämlich Qiu Hao und Zhang Zhao. Die digitale Kopie von Qiu spricht chinesisch, die von Zhang englisch. „Das System nutzt Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen, um die Stimme, Lippenbewegungen, Mimik und Gestik der Vorbilder möglichst realistisch zu imitieren. Dadurch solle ein möglichst lebensnahes Abbild entstehen und kein kalter Roboter, erklärte Xinhua. Das System ist zudem lernfähig. Das bedeutet, die Avatare lernen von Videos menschlicher Sprecher und werden dadurch mit der Zeit besser.“ (Golem, 9. November 2018) Im Moment klingt die Stimme von Zhang erstaunlich künstlich. Die Stimmen üblicher Text-to-Speech-Engines erreichen eine bessere Qualität. Mit Hilfe von SSML kann man sie noch menschenähnlicher gestalten. Virtuelle Nachrichtensprecher sind insgesamt ein alter Hut. Ananova, eine virtuelle Nachrichtensprecherin, hatte vor 20 Jahren eine gewisse Popularität erlangt. Sie wechselte 2000 für eine Ablösesumme von 95 Millionen Pfund zum Telefonanbie­ter Orange.

Abb.: In Shanghai