Generative KI in der Lehre

„Mit dem Programm P-8 ‚Stärkung von Digital Skills in der Lehre‘ werden Projekte der Hochschulen im Bereich der Lehre unterstützt. Der Fokus liegt auf den digitalen Kompetenzen.“ Mit diesen Worten erklärt swissuniversities seine Fördermaßnahmen in diesem Bereich, die im Zeitraum von 2019 bis 2024 durch projektgebundene Beiträge des Bundes in Höhe von 30 Millionen CHF finanziert wurden. Bei der Abschlussveranstaltung in Bern am 2. September 2024 referiert Prof. Dr. Oliver Bendel von der Hochschule für Wirtschaft FHNW zum Thema „Generative KI in der Lehre: Technische Möglichkeiten und ethische Herausforderungen“. Er geht u.a. auf Text- und Bildgeneratoren, auf GPTs – „custom versions of ChatGPT“, wie OpenAI sie nennt – und auf soziale Roboter ein. swissuniversities ist nach eigenen Angaben die gemeinsame Stimme der Schweizer Hochschulen und fördert die Zusammenarbeit und Koordination zwischen den Hochschulen und den verschiedenen Hochschultypen.

Abb.: Oliver Bendel diskutiert mit Gerd Scobel und Doris Weßels über generative KI

GPTs für das Lehren und Lernen

Im Frühjahrssemester 2024 hat Prof. Dr. Oliver Bendel virtuelle Tutorinnen in seine Lehre eingebunden. Es handelte sich um „custom versions of ChatGPT“, sogenannte GPTs. Zur Verfügung standen Social Robotics Girl für die Wahlmodule zur Sozialen Robotik, entstanden bereits im November 2023, und Digital Ethics Girl vom Februar 2024 für die Pflichtmodule „Ethik und Recht“ und „Ethics and Law“ innerhalb der Studiengänge Wirtschaftsinformatik und Business Information Technology (Hochschule für Wirtschaft FHNW) sowie „Recht und Ethik“ innerhalb von Geomatik (Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW). Die virtuellen Tutorinnen haben das „Weltwissen“ von GPT-4, aber auch das spezifische Fachwissen des Technikphilosophen und Wirtschaftsinformatikers aus Zürich. Gezeigt hat sich, dass die GPTs gewisse Impulse geben und den Unterricht auflockern können. Ihre besondere Stärke zeigen sie bei Gruppenarbeiten, bei denen Studenten nicht mehr die Bücher ihres Dozenten konsultieren müssen – was bei hohem Zeitdruck kaum zielführend ist -, sondern gezielte Fragen an sie stellen können. Nicht zuletzt ergeben sich Möglichkeiten für das selbstregulierte Lernen. Im Mai 2024 ist das Paper „How Can GenAI Foster Well-being in Self-regulated Learning?“ von Stefanie Hauske und Oliver Bendel erschienen – es wurde bereits im Dezember 2023 bei den AAAI Spring Symposia eingereicht und Ende März 2024 an der Stanford University vorgestellt.

Abb.: Ein GPT im Unterricht (Bild: Ideogram)

Digital Ethics Girl im Unterricht

Im Frühjahrssemester 2024 hat Prof. Dr. Oliver Bendel wiederholt virtuelle Tutorinnen in seine Lehrveranstaltungen an der FHNW eingebunden. Es handelt sich um „custom versions of ChatGPT“, sogenannte GPTs. Zur Verfügung stand Social Robotics Girl für die Wahlmodule zur Sozialen Robotik an der Hochschule für Wirtschaft FHNW, entstanden bereits im November 2024, zudem Digital Ethics Girl vom Februar 2024 für die Pflichtmodule „Ethik und Recht“ bzw. „Recht und Ethik“ sowie „Ethics and Law“ innerhalb mehrerer Hochschulen und Studiengänge. Die virtuellen Tutorinnen haben das „Weltwissen“ von GPT-4, aber auch das spezifische Fachwissen des Technikphilosophen und Wirtschaftsinformatikers aus Zürich. Zum Abschluss des Kurses in Geomatik wurde Digital Ethics Girl gefragt: „Ich sitze hier an einer Hochschule mit 26 begabten, motivierten Studierenden. Sie fiebern einer Gruppenarbeit entgegen. Sie sollen ethische Probleme, Herausforderungen und Fragestellungen zur Disziplin der Geomatik identifizieren und darüber referieren. Es wäre total nett, wenn du ihnen acht Themen vorschlagen würdest. Vor allem soll die Informationsethik als Perspektive eine Rolle spielen. Aber auch Roboterethik und Maschinenethik können dabei sein.“ Die virtuelle Tutorin nannte Themen wie „Datenschutz und geografische Informationssysteme (GIS)“, „Autonome Vermessungsroboter“, „Umweltauswirkungen der Geomatik-Technologien“, „KI-gestützte Analyse geografischer Daten“ und „Implikationen der Augmented Reality in der Geomatik“. Gleich zwei Gruppen widmeten sich der „Ethik der Fernerkundung“. Für die Gruppenarbeiten selbst wurden u.a. ChatGPT, Copilot und D-ID genutzt. Social Robotics Girl wird am 6. Juni 2024 im Future Lab der Learntec vorgestellt.

Abb.: Digital Ethics Girl im Unterricht (Bild: DALL-E 3)

Alpha Mini für die Schule

Alpha Mini ist ein sozialer Roboter, der sich durch geringe Größe (und damit gute Transportfähigkeit) und weitgehende natürlichsprachliche und motorische Fähigkeiten auszeichnet. Er kann im Schulunterricht eingesetzt werden, sowohl als Lehrer und Tutor als auch als Tool, mit dem man programmiert. Am 8. März 2023 startete an der Hochschule für Wirtschaft FHNW das Projekt „Little Teacher“, in dem Alpha Mini eine Hauptrolle spielt. Initiator ist Prof. Dr. Oliver Bendel, der seit einem Vierteljahrhundert über Conversational Agents und soziale Roboter forscht. Andrin Allemann trägt im Rahmen seiner Abschlussarbeit zum Projekt bei. Alpha Mini soll in eine Lernumgebung integriert werden und mit anderen Komponenten wie einem Display interagieren und kommunizieren können. Er soll mit Hilfe von Bildern und Texten einfachen Lernstoff vermitteln und die Kinder durch gestisches und mimisches Feedback motivieren. Es handelt sich also um einen kleinen Lehrer mit großen Möglichkeiten. Grundsätzlich soll er sich an das neue schweizerische Bundesgesetz über den Datenschutz (Neues Datenschutzgesetz, nDSG) halten. Das Projekt dauert bis August 2023. Die Ergebnisse werden im Anschluss daran veröffentlicht.

Abb.: Alpha Mini im Büro von Oliver Bendel

Was ist Wissenschaftsfreiheit?

„Die Wissenschaftsfreiheit (oder akademische Freiheit) hat ihren Ursprung in der von Platon im Jahre 387 v.u.Z. gegründeten Schule in Athen (Platonische Akademie) und umfasst die Freiheit von Forschung und Lehre sowie des Lernens. Sie ist ein Grundrecht und in Deutschland, Österreich und der Schweiz in der Verfassung verankert. Forschung und Lehre sollen ohne Abhängigkeit von Staat und Kirche sowie Wirtschaft, aber auch ohne Bevormundung innerhalb der Wissenschaft vonstattengehen. Es ergeben sich bei Personen (Forschenden, Lehrenden und Studierenden) und Institutionen (wie Universitäten und Fachhochschulen) sowohl Rechte als auch Pflichten.“ Mit diesen Worten beginnt ein Beitrag von Oliver Bendel im Wirtschaftslexikon von Springer Gabler, veröffentlicht am 26. Juli 2019. Im Folgenden wird spezifiziert: „Forschungsfreiheit bedeutet, dass Forscher und Forscherinnen das Recht haben, inhaltlich und methodisch selbstbestimmt nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zu streben, akademische Institutionen die Pflicht, den geeigneten Rahmen dafür zu schaffen. Die Lehrfreiheit (eine Form der Redefreiheit) ist das Recht der Dozierenden, die Lehre inhaltlich und methodisch (didaktisch) eigenständig auszugestalten. Dazu gehört nicht zuletzt die Wahl der Lehrmittel.“ Der ganze Beitrag kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/wissenschaftsfreiheit-121063 abgerufen werden.

Abb.: Auch die Lernfreiheit gehört zur Wissenschaftsfreiheit

Das ROBOPROF-Projekt

Im Frühjahr 2014 fragte Oliver Bendel bei der Gebert Rüf Stiftung nach, ob sie das ROBOPROF-Projekt finanzieren würde. „Dieses Projekt soll untersuchen, ob und wann ein relativ einfach, aber programmiertechnisch und allgemeintechnisch erweiterbarer Roboter als Avatar in der Lehre fungieren kann. Der Roboter kann die Studierenden ansprechen, sie beobachten, er kann den Beamer bedienen etc. Es spielen technische Fragen (Bewegung, Interaktion) ebenso eine Rolle wie Akzeptanzfragen. Und es spielen moralische Fragen eine Rolle: Behandelt man über den Avatar die Studierenden anders, und wird man als Professor anders behandelt? Im Projekt wird ein käuflicher, erweiterbarer Roboter eingesetzt. Es sollen Erkenntnisse für den Lehrbetrieb in der Schweiz resultieren.“ (Projektskizze) Die Stiftung lehnte ab, weil das Projekt nicht mehr in ihr Portfolio passe. Inzwischen werden Roboter an verschiedenen Orten als Lehrer und Assistenten eingesetzt, etwa in Schulen in Singapur. Auch Hiroshi Ishiguro nimmt seinen Geminoid in den Unterricht mit. Nun will die FHNW erste Erfahrungen in diesem Bereich sammeln und schreibt eine Teilzeitstelle aus. „Die Entwicklung und forschungs­basierte Erprobung von Lehr-/Lernszenarien, in denen Roboter in der Hoch­schul­lehre und Weiterbildung zum Einsatz kommen, wird im Zentrum Ihrer Auf­gaben stehen.“ (Stellenanzeige)

Abb.: Pepper wird gerne in der Lehre eingesetzt (Foto: Daimler und Benz Stiftung)

Informationsethik in der Hochschullehre

Lehrveranstaltungen zur Informationsethik, mitsamt ihren Teildisziplinen Computerethik, Netzethik und Neue-Medien-Ethik, oder unter dem Label der digitalen Ethik, sind immer noch Mangelware. Und das in Zeiten, in denen die Medien voll mit Beiträgen sind, die Fragen zur Moral der Informationsgesellschaft aufwerfen, und wo Informatiker und Wirtschaftsinformatiker eine nie gekannte Verantwortung tragen. An der Hochschule für Wirtschaft FHNW steht eine einschlägige Veranstaltung seit vielen Jahren auf dem Programm. Es ist sogar, eine Besonderheit, eine Pflichtveranstaltung innerhalb der Wirtschaftsinformatik, früher „Informatik, Ethik und Gesellschaft“ tituliert, heute „Informationsethik“ … Seit vielen Jahren bietet auch die HTW Chur sehr gefragte Kurse zur Informationsethik an. Momentan bemüht man sich um eine Fortführung. „Ethik für Nerds“ nennt sich eine neue Lehrveranstaltung an der Universität des Saarlandes. Vielleicht wird ja die „Rache der Nerds“ als begleitendes Buch eingesetzt. Darin werden Gedanken und Geschichten zur Informationsethik ausgebreitet. Gespannt darf man auch sein, wie sich der neue Lehrstuhl an der Universität Hamburg entwickelt. Derzeit läuft das Berufungsverfahren. Gesucht wird ein Professor bzw. eine Professorin, der bzw. die sich sowohl in Informationsethik als auch in Maschinenethik einen Namen gemacht hat. Dass Lehrveranstaltungen in diesen Bereichen ausgebracht werden, versteht sich von selbst. Welche Lehrveranstaltungen zur Informationsethik weltweit existieren, erhebt derzeit Jared Bielby, stellvertretender Vorsitzender des International Center for Information Ethics (ICIE).

Abb.: Die technologische Entwicklung ist noch schneller als Rennfahrer bei der Tour de France