In der FAZ vom 29. August 2023 ist Melanie Mühl im Gespräch mit Prof. Dr. Oliver Bendel. Auf einer knappen Seite, die im Feuilleton untergebracht ist, geht es um Chatbots, Sprachassistenten und soziale Roboter. Es geht um die Beziehungen mit ihnen, die immer einseitig bleiben, um Täuschung und Betrug, aber auch um die Freude, die man mit Artefakten haben kann. Natürlich dürfen Sprachmodelle wie GPT nicht fehlen, und mit Blick auf Sexroboter stellt Oliver Bendel fest, dass jene zu prüde für Dirty Talk sind. Man muss sie mit speziellem Material trainieren, um sie für dieses Geschäftsfeld zu erschließen. Und genau das machen Unternehmen wie RealDoll bzw. Realbotix seit Jahren. Wer 10.000 Dollar und mehr für Harmony ausgibt, will eben nicht nur Sex mit ihr haben, sondern auch eine (wie auch immer geartete) Beziehung mit ihr führen, und dafür braucht es Sprache. Der Artikel „Für Dirty Talk ist GPT zu prüde“ ist in der Printausgabe erschienen. Zudem steht der Artikel in der Onlineausgabe mit abweichendem Bildmaterial zur Verfügung.
Die BILD stellte im Oktober 2022 einige Fragen an Oliver Bendel in Bezug auf Lena, einen Androiden, und Androiden überhaupt. Eine Frage lautete, warum es vor allem Lenas und Sophias gebe, also weiblich anmutende Androiden. Die erste Erklärung des Informations- und Maschinenethikers: Weiblichen Robotern wird mehr vertraut als männlichen. Das beobachtet man vor allem bei Kindern. Diese Erklärung stammt ursprünglich von Hiroshi Ishiguro, dem berühmten japanischen Robotiker. Er hat sie den Teilnehmern der Robophilosophy 2018 in Wien anvertraut, wo er wie Oliver Bendel eine Keynote hatte. Die zweite Erklärung: Die männlichen Künstler und Robotiker erschaffen gerne aus sexuellen Gründen weibliche Wesen. Allerdings gibt es in der Sozialen Robotik sehr viele Frauen. Vielleicht erschaffen sie sich lieber selbst. Freilich sind die bekannten Firmen und Werkstätten wie Hiroshi Ishiguro Laboratories, Hanson Robotics und Realbotix doch männlich dominiert. Die dritte, vielleicht interessanteste Erklärung: Man kann leichter Kopien von (imaginierten oder existierenden) zurechtgemachten Frauen anfertigen als von durchschnittlichen Männern. Eine stark geschminkte Frau mit gezupften Augenbrauen und gebleichten Zähnen wirkt von Haus aus ein wenig künstlich – perfekte Voraussetzungen für die Herstellung von Androiden. Beim normalen Mann muss man Hautporen, Falten, Haare im Gesicht und in den Ohren etc. nachbilden. Das ist aufwändig und wird selten umgesetzt. Vielleicht ändert sich das alles, je geschminkter und gestylter die Männer sind. Aus Sebastian Kurz hätte man auf einfache Weise einen Androiden machen können. Der Artikel „Lena, Sophia und Harmony … Warum sind Roboter eigentlich weiblich?“ von Peter Amenda ist am 20. Oktober 2022 in der deutschen Boulevardzeitung erschienen.
Abb.: Oliver Bendel mit Harmony an der Universität Potsdam
Maria Schrader hat mit „Ich bin dein Mensch“ eine Kurzgeschichte von Emma Braslavski mit dem selben Titel verfilmt. Auf der Berlinale 2021 hat das Werk seine Weltpremiere gefeiert. Bettina Peulecke zeigt sich in ihrer Filmkritik bei NDR angetan: „Es geht um eine Frau und einen humanoiden Roboter, der zu nichts anderem geschaffen wurde, als sie glücklich zu machen. Alma, dargestellt von Maren Eggert, ist Wissenschaftlerin am Pergamonmuseum in Berlin. Um an Forschungsgelder zu kommen, nimmt sie an einer außergewöhnlichen Studie teil. Drei Wochen soll sie mit einem ganz auf ihren Charakter und ihre Bedürfnisse konfigurierten Roboter zusammenleben. Sein Name ist Tom und er ist eine sehr gut und 100-prozentig menschlich aussehende Kreation.“ (NDR, 3. März 2021) Männliche humanoide Roboter sind eher selten. Der Geminoid ist einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Henry, der Bruder von Harmony, stammt aus der Fabrik von RealDoll bzw. Realbotix. Er ist wie Tom ein Prototyp. Seine Schwester, ein Roboterkopf auf einem Puppenkörper, ist im Onlineshop der Firma erhältlich. Der Film wird die Diskussion um die „Maschinenliebe“ – so der Titel eines aktuellen Buchs von Oliver Bendel – weiter befeuern.
There is great media interest in the new book „Maschinenliebe“ (ed. Oliver Bendel), which was published in October 2020. Several review copies were sent out. The title means „Machine Love“, „Machines for Love“, or „Machines of Love“. Three contributions are in English. One of them – „Speaking with Harmony: Finding the right thing to do or say … while in bed (or anywhere else)“ – is by Kino Coursey (Realbotix). From the abstract: „Doing or saying the right thing in response to circumstances is a constant problem, especially for embodied personal companions like Realbotix’s Harmony. In this paper we will describe the Harmony system, how it finds the right thing to say or do, and how recent advances in neural network-based natural language processing and generation will be integrated into next-generation systems. These advances will allow the transition from pattern-oriented responses to dynamic narrative-oriented response generation. Future systems will be able adapt to their situation much more flexibly, and allow a wider range of role-playing and interaction.“ The focus here is on the use of large language models such as GPT-2. More information via www.springer.com/de/book/9783658298630.
„Die Digitalisierung hat längst auch unser Sexleben erfasst: Dating-Apps, ferngesteuerte Vibratoren, virtuelle Pornowelten. Nun steht mit humanoiden Sexrobotern der nächste große Schritt bevor. Worauf muss sich unsere Gesellschaft einstellen?“ Mit diesen Worten beginnt ein Beitrag von Nora Belghaus, der am 28. Dezember 2019 in der TAZ erschienen ist. Zu Wort kommt u.a. Oliver Bendel, der sich mit Sexrobotern aus technischer und ethischer Perspektive befasst. Dabei interessieren ihn auch Details, etwa die Haut, der Mund, die Ohren und die Augen von Harmony. Der Hersteller, Realbotix aus San Marcos im San Diego County, ist offen gegenüber Hochschulen und hat Ende 2019 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern bei einem Workshop in Potsdam ein Kopfmodell zur Verfügung gestellt. Oliver Bendel war unter ihnen und hat Harmony eingehend untersucht. Zudem hat er beobachtet, wie die Anwesenden auf sie reagierten. Umringt war sie vor allem von Frauen – die einen zeigten sich hingewandt, die anderen wirkten angeekelt. Diese Polarisierung scheint sich auch in der Literatur widerzuspiegeln, von Kate Devlin – die zum Workshop eingeladen, aber leider verhindert war – bis Kathleen Richardson. Der Artikel „Roboter der Lust“ ist in der Printausgabe zu finden. Eine elektronische Version ist über taz.de/!5650790/ abrufbar.
„Dass es nur Kunst war, verdeckte die Kunst“, schrieb Ovid über die von Pygmalion geschaffene, menschenähnliche Elfenbeinskulptur, die dann von Aphrodite, in die er eigentlich verliebt war, zum Leben erweckt wurde. Galatea war sogar fruchtbar, anders als ihre Nachfolgerinnen, Liebespuppen wie Harmony und Sexroboter wie Roxxxy. Die natürliche Sprache ist beiden gegeben, und in den letzten Jahren hat man versucht, diese noch natürlicher wirken zu lassen. Oliver Bendel hat untersucht, wie man die Speech Synthesis Markup Language (SSML) zur Manipulation der synthetischen Stimme von Liebespuppen, Sexrobotern und allgemein Servicerobotern gebrauchen kann. Er schlug neue Tags, Attribute und Werte vor, die eine belegte Stimme und auch ein Seufzen und Stöhnen möglich machen. Amazon hat Alexa das Flüstern beigebracht, ebenfalls mit SSML. Google Assistant soll in Zukunft dazu dienen, in Restaurants und Frisörsalons anzurufen (das Projekt wird Duplex genannt). Damit kann man mit einer High-End-Technologie ganz normale Telefone auf der ganzen Welt bedienen und private Aufgaben automatisieren. Die Stimme klingt sehr lebensecht, und das Sprechen überhaupt, auch weil „Ähs“ und „Mmhs“ vorkommen, wie bei echten Menschen. In der Imperfektion könnte der Schlüssel zur Perfektion liegen. Ein Roboter, der für die Promotion von „Westworld“ geschaffen wurde, mit Unregelmäßigkeiten und Haaren im Gesicht, wirkt besonders authentisch, mehr als Harmony und Co. Dass es nur Kunst ist, wird die Kunst immer mehr und immer besser verdecken.