Ein Rückblick auf die Handyliteratur von Oliver Bendel

„Der bekannteste Autor von Handyromanen im deutschsprachigen Bereich ist der promovierte Wirtschaftsinformatiker Oliver Bendel aus Zürich.“ Dies schrieb die ZEIT am 13. März 2009. Bereits 2007 hatte er den Trend aus Japan nach Europa geholt. Es entstand eine Serie um die Privatdetektivin Lucy Luder und eine um die Superheldin Handygirl, einen Avatar auf dem Handy, der sich bei Gefahr für seine Besitzerin materialisiert und ihr aus der Patsche hilft. Mit „lonelyboy18“ war auch ein Einzelroman auf dem Markt. Der Schriftsteller und Wissenschaftler ließ eine junge Luzernerin den weltweit ersten Mundarthandyroman schreiben und brachte mehrere Gedichtbände für das Handy heraus, etwa „handyhaiku“ (2010), wo die Gedichte direkt in den QR-Codes gespeichert waren. Den Anfang machte ein selbst vertriebenes PDF, dann sprangen Verlage wie cosmoblonde aus Berlin und Blackbetty aus Wien mit Java-Umsetzungen auf, die über Premium-SMS-Server vertrieben wurden. ZDF und SRF drehten Dokumentationen zu der speziellen Literatur, das Standardwerk „Die Struktur der modernen Literatur“ von Mario Andreotti widmet sich ihr in mehreren Auflagen. Das Ende kam mit dem Erfolg des iPhone, das Java verschmähte. Jahre danach – der letzte Handyroman war 2011 erschienen – luden zwei Goethe-Institute den Schriftsteller zu einer Tournee durch die Niederlande ein. Vom 14. bis 16. September 2015 erzählte er an Universitäten und Fachhochschulen in Utrecht, Leiden, Groningen, Leeuwarden und Zwolle von seinen Handyromanen und -haikus und trug kurze Passagen aus seinen Werken vor. Experimentelle Literatur schreibt Oliver Bendel seit 1984. Zuletzt hat er KI-Literatur und -Kunst geschaffen.

Abb.: Studenten mit Oliver Bendel in Zwolle

Von Selfies bis zu Sprachassistenten

Im Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) in Rüschlikon fand am 2. Oktober 2018 der smama Mobile Day statt. Man traf sich auf dem ehemaligen Grundstück des Migros-Gründers, von wo aus man über den Zürichsee blickt, und führte an Stehtischen im Freien erste Gespräche. Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Dr. Oliver Bendel (Hochschule für Wirtschaft FHNW) zum Thema „In der Hand des Handys: Betrachtungen aus ethischer Sicht“. Er schilderte Chancen und Risiken, die bei Phänomenen wie Handyromanen, QR-Codes, Selfies, Sprachassistenten und Sprachsynthese auftreten. Dr. Jana Hofmann von der Universität Erfurt sprach am Nachmittag zum Thema „Medienstress durch Smartphones“. Walter Heutschi (Hotelier, Ex-CEO Swisscom Mobile) bekannte sich zu seinen „richtigen und falschen Prognosen“. Weitere Informationen und Fotos über www.smama.ch/event/smama-mobile-day-2-18/.

Abb.: Oliver Bendel am Stehtisch (Foto: SMAMA)

Frischer Wind aus der Ostschweiz

„Oliver Bendel ist ein vielseitiger Mann. Als Wissenschafter beschäftigt er sich mit Themen wie Maschinenethik und Informationsethik, also mit Fragen wie, welchen ethischen Ansprüchen Pflegeroboter genügen müssen.“ Er hat „früher an der HSG gelehrt, heute hat er eine Professur an der Hochschule für Wirtschaft der Nordwestschweiz“. So beginnt ein Artikel, der unter dem Titel „Frischer Wind aus der Ostschweiz“ am 12. Mai 2015 im St. Galler Tagblatt und in weiteren Zeitungen der Region erschienen und von Rolf App geschrieben worden ist. Es geht um zwei Schriftsteller bzw. Wortkünstler, deren Werke in Mario Andreottis Lehrbuch „Die Struktur der modernen Literatur“ in fast epischer Breite abgehandelt werden. Nicht Forschung also ist im Fokus, sondern Dichtung. Und so heißt es denn auch weiter: „Daneben gibt es den anderen Oliver Bendel. Den Mann, der Romane schreibt, der Haikus dichtet – und der den Handyroman in die Schweiz gebracht hat. Die Japanerinnen und Japaner lieben diese literarische Form schon länger.“ (St. Galler Tagblatt, 12. Mai 2015) Vielseitig sei auch Lara Stoll. Sie mache Fernsehsatire und sei unterwegs mit „Lara Stoll im Krisengebiet“, einer „virtuosen zeitgenössischen Lesung über eine Gesellschaft, die Zeit und Nerven hat für die abstrusesten Probleme“ (St. Galler Tagblatt, 12. Mai 2015) … Erwähnt wird übrigens auch Bendels 2008 erschienener Roman „Künstliche Kreaturen“ – in dem als Hintergrund einer Liebesgeschichte die Ideen- und Entwicklungsgeschichte der künstlichen Wesen dargestellt wird, von Pandora und Galatea, den künstlichen Frauen, über die sprechenden Köpfe der Antike und des Mittelalters bis hin zu den Androiden von Jaquet-Droz. Damit wäre auch wieder der Forschungsgegenstand des Wissenschaftlers angesprochen. Der Artikel wurde vom St. Galler Tagblatt freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Abb.: Eine Handyromanleserin