Neue und alte Fragen zu Pflegerobotern

Ein Interview mit Prof. Dr. Oliver Bendel zu Pflegerobotern wurde am 4. Januar 2021 auf der Plattform Digitales Gesundheitswesen veröffentlicht. Die erste Frage von Heiner Sieger lautete: „Was werden soziale Roboter in der digitalen Pflegewelt der Zukunft können und was nicht?“ Die Antwort des Informations- und Maschinenethikers aus Zürich war: „In manchen Bereichen traut man sozialen Robotern zu wenig zu, in anderen zu viel. Das Ausziehen und Anziehen von Pflegebedürftigen sowie das verletzungsfreie Reichen von Nahrung wird vielleicht auch 2025 nicht beherrscht. Auch das Umbetten und Aufrichten wird wohl nur zusammen mit einer Pflegekraft geleistet werden können. Andere Tätigkeiten, wie Dinge holen, aufheben und reichen, Flaschen öffnen und Patienten einsammeln, sind für Modelle wie Lio schon heute Standard.“ Das ganze Interview kann über digitales-gesundheitswesen.de/oliver-bendel/ aufgerufen werden.

Abb.: Beim Berliner Kolloquium zu Robotern in der Pflege (Foto: Daimler und Benz Stiftung)

Spektrum Spezial zu Pflegerobotern

Spektrum Spezial (Biologie, Medizin, Hirnforschung) widmet sich in Ausgabe 1/2020 (Erscheinungsdatum: 24. Januar 2020) KI und Robotik und speziell auch Pflegerobotern. Der achtzehnseitige Beihefter zu diesem Thema ist in dieser Form einzigartig. So stellt Michael Anderson, einer der weltweit führenden Maschinenethiker, die Umwandlung eines sozialen Roboters in eine moralische Maschine im Pflegekontext vor. Florian Coulmas, der verdiente Ostasienexperte (Universität Duisburg-Essen), relativiert die Annahme, dass Japaner zu Dingen ein völlig anderes Verhältnis als Europäer haben. Gundula Hübner und Stephanie Müller von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Andreas Keibel von KUKA geben Hinweise in Bezug auf Akzeptanz, Technik und Markt von Pflegerobotern. Armin Grunwald – der renommierte Technikphilosoph – und Christoph Kehl vom KIT bzw. TAB gehen auf ihre Studie für den Deutschen Bundestag ein. Oliver Bendel, der wissenschaftliche Direktor des 23. Berliner Kolloquiums der Daimler und Benz Stiftung, aus dem die Artikel hervorgingen, leitet in die Thematik ein. Das elektronische Pendant – das Spektrum Kompakt zu Pflegerobotern – ist bereits im November 2019 erschienen, mit Beiträgen von Karsten Schwarz und Patrick Jahn, Susan L. Anderson und Oliver Bendel.

Abb.: Keller, Grunwald, Coulmas und Bendel (Foto: Daimler und Benz Stiftung)

Soziale Roboter im Gesundheitswesen

Der Careum Dialog 2020 in Zürich konzentriert sich, so die Website, „auf die Fragen der sozialen und emotionalen Interaktionen zwischen Mensch und Maschine im Gesundheits- und Pflegewesen“. „Die Veranstaltung will aufzeigen, wie intelligente Technologien nicht nur die Arbeit von Pflegefachkräften verändern, sondern auch den Bedürfnissen von pflegebedürftigen Personen und deren Angehörigen gerecht werden. Gemeinsam mit den Teilnehmenden sollen Pflegeszenarien für 2025 erarbeitet werden, die auch wichtige ethische Aspekte in den Blick nehmen.“ (Website Careum) Den ersten Fachvortrag am 13. Februar hält Prof. Dr. Oliver Bendel zum Thema „Was macht Roboter sozial?“. Der Informations- und Maschinenethiker geht auf die Nähe von Mensch und Maschine, soziale Interaktions- und Kommunikationsformen von Robotern und die Darstellung sowie die Erzeugung bzw. Verstärkung von Emotionen ein. Dabei wirft er auch ethische Fragen auf. Kathrin Janowski stellt den State of the Art sozialer Roboter im Gesundheitswesen dar. Die ethische Perspektive nimmt wiederum Prof. Dr. Effy Vayena, Professorin für Bioethik, ein. Prof. Dr. Jan Ehlers widmet sich „Pflegeszenarien 2025“, Prof. Dr. Marc Oliver Korn behandelt Emotionen aus technischer Sicht und fragt, „wie Maschinen lernen, menschliche Emotionen zu deuten“ (Programm Careum). Am 14. Februar gibt es weitere Vorträge. Informationen zur Veranstaltung mit dem Titel „Talk to me: Soziale Roboter im Gesundheitswesen“ sind über www.careum.ch/dialog20 erhältlich.

Abb.: Eine Berührung durch Menschen ist und bleibt wichtig

Wer und was darf uns in Zukunft füttern?

Die Zeitschrift Clinicum hat in ihrer Ausgabe 4/2017 ein Interview nachgedruckt, das bereits im Frühjahr veröffentlicht wurde. Im Teaser heißt es: „Oliver Bendel wird am 14. Schweizerischen Kongress für Gesundheitsökonomie und Gesundheitswissenschaften & Zukunftsforum Gesundheit in Bern referieren. Er ist ein gescheiter agent provocateur. Die Wochenzeitung ‚DIE ZEIT‘ hat uns grünes Licht gegeben, ein spannendes Gespräch mit dem Maschinenethiker zu publizieren.“ Eine Frage im Gespräch hatte gelautet: „Kann man in Bezug auf bestimmte Programme oder Roboter überhaupt von Moral oder Unmoral sprechen? Können Maschinen gut oder böse sein?“ Die Antwort: „Da sind wir mittendrin in der Maschinenethik. Wir kennen seit 2500 Jahren die Ethik als eine Disziplin, die sich ausschließlich auf Menschen richtete. Jetzt haben wir es mit neuen Subjekten der Moral zu tun, eben Maschinen. Natürlich sind sie nicht gut oder böse, weil sie keinen eigenen Willen, kein Bewusstsein haben. Aber sie treffen, teilautonom oder autonom, bestimmte moralisch relevante Entscheidungen.“ Eine ähnliche Diskussion begann mit der Disziplin der Künstlichen Intelligenz. Viele Experten verwenden den Begriff der künstlichen Intelligenz (der auf den Gegenstand der Disziplin verweist) metaphorisch oder intentional. So kann man es auch bei der „maschinellen Moral“ machen. Der Nachdruck mit dem Titel „Darf mich ein Pflegeroboter füttern?“ kann über www.clinicum.ch/de/magazin/magazin.htm oder direkt hier aufgerufen werden.

Abb.: Ein Reh bedient sich selbst

Der Spion im eigenen Haus

Operations-, Therapie- und Pflegeroboter sind im Gesundheitswesen auf dem Vormarsch. Sie ersetzen und ergänzen in Kliniken, Zentren und Haushalten menschliche Arbeitskräfte. Manches können sie besser, manches genauso gut, manches schlechter. Sie sind i.d.R. sehr teuer und können doch zu Einsparungen führen. Und sie bergen eine nicht unerhebliche Gefahr. Im Beitrag „Der Spion im eigenen Haus“ (IT for Health, März 2014) von Oliver Bendel werden die Roboter aus der Perspektive der angewandten Ethik betrachtet. Es werden zunächst Informations- und Technikethik sowie Medizinethik kurz erklärt. Dann werden Fragen zum Einsatz der Maschinen gestellt. Es kristallisiert sich heraus, dass informationelle Autonomie und Datenschutz übergreifende Problembereiche sind. Der Beitrag ist als PDF verfügbar und kann kostenlos heruntergeladen werden.

Abb.: Die Spionin im eigenen Haus