Laut Klägerin „ein guter Tag für das Urheberrecht und die Freiheit des Autors“

Immer wieder greifen Verlage, Medien und Herausgeber aus ideologischen Gründen in die Sprache ihrer Autoren und Autorinnen ein und verletzen dabei Urheber- und Persönlichkeitsrecht sowie – im entsprechenden Kontext – die Wissenschaftsfreiheit. Der Ethiker und Wirtschaftsinformatiker Prof. Dr. Oliver Bendel musste vor Jahren erleben, dass sein Beitrag „Die Spione im eigenen Haus“ – erschienen im Verlag Velbrück Wissenschaft („Ein weltoffenes Forum für die Humanwissenschaften“, zumindest nach eigener Einschätzung) – von der Herausgeberin gegen seinen Willen gegendert und in funktionaler wie ästhetischer Hinsicht zerstört wurde. Auch ein Austausch führte bei ihr nicht zu einem Sinneswandel – auf seine Aussage, seine Sprache gehöre ihm, meinte sie sinngemäß, das treffe nicht zu – seine Sprache gehöre der Gesellschaft. Er konnte lediglich noch den folgenden Vermerk am Ende erwirken: „Der Verfasser gebraucht kein Gendersternchen. Dieses wurde gegen seinen Willen in den Text eingefügt.“ Das schützt ihn freilich nicht davor, dass er zitiert und die Überarbeitung für seinen Ausdruck gehalten wird, was einer Rufschädigung gleichkommt. Fast wie eine Lappalie wirkt dagegen der Eingriff, gegen den die Autorin Sabine Mertens rechtlich vorgegangen ist. Ihr Text wurde von der Zeitschrift Training aktuell gegen ihren Willen an zwei Stellen gegendert. So wurde aus dem „Zeichner“ die „zeichnende Person“ gemacht. Der Verein Deutsche Sprache meldet nun: „Mit einem vollen Erfolg hat am 18. Mai 2022 vor dem Landgericht Hamburg das Verfahren gegen den Verlag ManagerSeminare (Bonn) geendet. … Der Richter habe bereits zu Beginn der Verhandlung klargestellt, dass eine konkrete Klage auf Einhaltung des Urheberrechts gute Aussichten auf Erfolg hätte.“ Es sei nach seiner Auslegung „unstrittig, dass hier gegen das Urheber- und Persönlichkeitsrecht verstoßen worden war, so Mertens“. Und weiter: „Die betreffenden Stellen werden im Online-Angebot des Verlages in den Originalzustand zurückversetzt, die Beklagten müssen 4/5 der Prozesskosten tragen.“ (Newsletter Verein Deutsche Sprache) Sabine Mertens wird mit den Worten zitiert, dies sei „ein guter Tag für das Urheberrecht und die Freiheit des Autors“. Neben dem Verein Deutsche Sprache berichten verschiedene Medien wie LTO über das Gerichtsurteil.

Abb.: Die Freiheit des Autors

Zehn Missverständnisse rund um die Gendersprache

Es gibt viele Missverständnisse rund um die Gendersprache. Hier sind zehn davon, jeweils mit dem Versuch einer Ausräumung. 1. Geschlechtergerechte Sprache ist geschlechtergerecht: Sogenannte geschlechtergerechte Sprache ist in der Praxis nicht geschlechtergerecht, sondern sexistisch, da männliche Formen oft wegfallen. 2. Geschlechtergerechte Sprache ist geschlechtsneutral: Sogenannte geschlechtergerechte Sprache ist häufig sexualisierend und nennt Geschlechter, wo sie keine Rolle spielen. 3. Sprache muss moralisch sein: Sprache dient in erster Linie nicht der Herstellung von Moral, sondern der Verständigung, und eine Ausrichtung an der Moral kann sie als System stören und ihre Funktion beeinträchtigen. 4. Haltung ist wichtiger als Zielerfüllung: Die Verwendung von Gendersprache an den Hochschulen, in den Medien und in den Verlagen beeinträchtigt Korrektheit, Präzision und Prägnanz, also die Voraussetzungen für erfolgreiches Wirken in diesen Bereichen. 5. Gendersprache kann Mitarbeitern und Mitgliedern vorgeschrieben werden: Die Verwendung von Sprache in Unternehmen und an Hochschulen sollte den amtlichen Rechtschreibregeln folgen (an Hochschulen braucht es einen objektiven Maßstab für die Bewertung studentischer Arbeiten) und ist ansonsten geschützt durch Persönlichkeitsrechte und die Wissenschaftsfreiheit. 6. Sprache entwickelt sich weiter: Natürliche Sprache entwickelt sich nicht durch Vorgaben weiter, schon gar nicht durch Vorgaben einer Minderheit, sondern durch den Sprachgebrauch einer Mehrheit, außer in totalitären Systemen. 7. Beim generischen Maskulinum sind Frauen nur mitgemeint: Das Genus, das missverständlich generisches Maskulinum genannt wird, meint kein bestimmtes Geschlecht (es meint auch keines mit) und ist geschlechtsneutral. 8. Studien zeigen, dass sich Frauen durch das generische Maskulinum nicht mitgemeint fühlen: Es handelt sich mehrheitlich um problematische Assoziationsstudien, und objektiv gesehen werden mit dem generischen Maskulinum alle angesprochen. 9. Das generische Maskulinum ist uneindeutig: Das Problem, dass die männliche Form gleich aussehen kann wie das generische Maskulinum, ist in der Praxis meist keines, da der Kontext für Eindeutigkeit sorgt. 10. Gendersprache ist eine harmlose Variante: Der Gebrauch von Gendersternchen, Doppelpunkt, Unterstrich etc. ist ein tiefgehender Eingriff in die Wortstruktur und führt zu grammatikalischen Fehlern, etwa bei der Deklination.

Abb.: Nicht die Sprache ändern, sondern die Wirklichkeit

Ist geschlechtergerechte Sprache wirklich geschlechtergerecht?

„Geschlechtergerechte Sprache, angestrebt etwa in Unternehmen, an Hochschulen, von Verlagen oder in den Medien, verfolgt die Idee, im Schreiben und Sprechen mehrere Geschlechter bzw. Identitäten sichtbar zu machen oder Geschlechtsneutralität umzusetzen und dadurch mit Blick auf männliche, weibliche und nichtbinäre Personen gerecht zu sein. Man spricht zudem von inklusiver oder, unter Betonung der letztgenannten Gruppe, von gendergerechter Sprache.“ Mit diesen Worten beginnt ein Beitrag von Oliver Bendel im Gabler Wirtschaftslexikon, erschienen am 4. Februar 2022. Er widmet sich vor allem der Frage, ob geschlechtergerechte Sprache wirklich geschlechtergerecht ist, und kommt zum Schluss, dass in der Praxis das Gegenteil der Fall ist. Dies liegt u.a. daran, dass männliche Formen zurückgedrängt werden oder ganz verschwinden. Die vermeintliche Männersprache wird zur Frauen- und Transmenschensprache. Das mag man als Aktivist begrüßen – aber das Anliegen der Geschlechtergerechtigkeit wird dadurch ad absurdum geführt. Zielführender scheint es zu sein, die Wirklichkeit umzubauen und die Sprache in Ruhe zu lassen. Der Beitrag kann über wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/geschlechtergerechte-sprache-123567 aufgerufen werden.

Abb.: Nicht die Sprache umbauen, sondern die Wirklichkeit