Die Einsamkeit der Astronautin

Im Buch „Tender Digitality“, herausgegeben von Charlotte Axelsson, ist die Sammlung „The Loneliness of the Female Astronaut“ („Die Einsamkeit der Astronautin“) von Oliver Bendel enthalten. Die drei Gedichte liegen in Form von 3D-Codes vor, genauer gesagt von JAB-Codes. Mit diesen experimentiert der in Zürich lebende Schriftsteller seit 2020. Damals erschien auch der digitale Band „Die Astronautin“ – aus dem die Auswahl entnommen ist. Zum ersten Mal liegt diese in gedruckter Form vor. Man geht mit dem Browser auf jabcode.org, eine Seite des Fraunhofer-Instituts für Sichere Informationstechnologie SIT, scannt einen der 3D-Codes ein und bekommt dann das ganze Gedicht angezeigt. Eine Onlineverbindung ist nicht notwendig. Auf die Idee, mehrdimensionale Codes als Speicher zu verwenden, kam Oliver Bendel im Jahre 2009. Damals entstand sein Band „handyhaiku“ – darin sind alle Texte zusätzlich in QR-Codes enthalten. 2010 erschien er in gedruckter Form beim Hamburger Haiku Verlag. Im gleichen Jahr kam „stöckelnde dinger“ als Handybuch bei Blackbetty heraus. Oliver Bendel schreibt seit 40 Jahren experimentelle Literatur. 1984 wurde er vom Förderkreis deutscher Schriftsteller gefördert. Ab 1985 trug er seine Gedichte auf Lesungen in Ulm und Stuttgart vor. Ab 2007 wurde er für seine Handyromane bekannt. Er trug sie wie seine Handygedichte auf einer Tournee durch die Niederlande vor, zu der ihn zwei Goethe-Institute eingeladen hatten. Das Standardwerk „Die Struktur der modernen Literatur“ von Mario Andreotti widmet seiner digitalen Literatur zwei Seiten. Das Buch „Tender Digitality“ erscheint Anfang Februar 2024 bei Slanted und kann bereits vorbestellt werden.

Abb.: Die Astronautin in jungen Jahren (Bild: DALL-E 3)

Black Jack im 3D-Code

An der FHNW werden 2D- und 3D-Codes seit Jahren erforscht und für Projekte genutzt. Prof. Dr. Oliver Bendel, der an der Hochschule für Wirtschaft und an der Hochschule für Technik tätig ist, veröffentlichte 2010 den Band „handyhaiku“ … In diesem waren die von ihm verfassten Kurzgedichte in QR-Codes (den vielleicht bekanntesten 2D-Codes) gespeichert. Man musste also nicht online sein und bekam die Gedichte nach dem Scan direkt aufs Handy. Seine experimentelle Literatur – schon Jahre zuvor hatte er Handyromane veröffentlicht – führte zu Berichten in Medien wie ZEIT, Deutschlandfunk, ZDF und SRF und zu Erwähnungen in Standardwerken wie „Die Struktur der modernen Literatur“ von Mario Andreotti sowie, auf Einladung zweier Goethe-Institute, zu einer Tournee durch die Niederlande. Im Sommer 2020 folgte der Band „Die Astronautin“ mit längeren Gedichten in JAB-Codes. Entwickelt hat diese 3D-Codes das Fraunhofer SIT in Darmstadt. Dieses wurde auf das Projekt aufmerksam und wies in den sozialen Medien darauf hin. Durch die dritte Dimension, realisiert mit Hilfe von Farbe, wird grundsätzlich die Speicherkapazität erhöht. Dieser Umstand führte im Studiengang Data Science an der Hochschule für Technik FHNW zu weiteren Überlegungen. Prof. Dr. Oliver Bendel bot im FS 2021 eine Mini-Challenge zu Wissensmanagement an, in der die Möglichkeiten von 3D-Codes erforscht und ausprobiert werden sollten. Der Student Simon Luder setzte in seiner Arbeit eine besonders originelle Idee um: Er brachte den selbst erstellten Programmcode des Spiels Black Jack in einem JAB-Code unter. Wenn man den 3D-Code über den Scanner auf jabcode.org ausgelesen hat, kann man das Ergebnis als Textfile auf dem Computer speichern. Ist auf diesem Python installiert, lässt sich der Textfile in der Windows-Eingabeaufforderung mit dem Befehl python Dateipfad/Dateiname.txt ausführen. Es erscheint ein Startbildschirm, und das Spiel kann beginnen. Die Arbeit zeigt, dass 3D-Codes als Speichermedien benutzt und sowohl normale Texte als auch Code darin „versteckt“ werden können. Damit werden vielfältige Anwendungsmöglichkeiten sichtbar, etwa für Schul- und Lehrbücher, wo schon seit geraumer Zeit 2D-Codes (meistens für den Aufruf von Onlineressourcen) zu finden sind. In den 3D-Codes könnte man künftig, bei Verwendung von mehr Farben, sogar kleine Audio- und Videofiles aufbewahren.

Abb.: Der JAB-Code mit Black Jack

Ein Gedichteband mit 3D-Codes

Am 3. Juli 2020 ist das vermutlich erste Buch erschienen, in dem längere Gedichte in 3D-Codes enthalten sind. Es wurde von Oliver Bendel veröffentlicht. Von ihm stammt auch der Band „handyhaiku“ (2010, Hamburger Haiku Verlag), der mit QR-Codes (also bestimmten 2C-Codes) mit japanischen Kurzgedichten aufwartete. Seit Sommer 2020 ist mit dem JAB Code des Fraunhofer SIT ein 3D-Code verfügbar, der eine höhere Speicherkapazität als ein 2D-Code hat. Möglich macht das eben die dritte Dimension, die Farbe (momentan werden bis zu 8 Farben verwendet, zukünftig 16 und 32 Farben). Die Gedichte im Band „Die Astronautin“, entstanden zwischen 2013 und 2015, wurden Anfang Juli 2020 über jabcode.org umgewandelt und können über jabcode.org auch zurückverwandelt werden, in für Menschen lesbaren Text. Am besten eignet sich ein Smartphone. Es muss keine App heruntergeladen werden. Es genügt, den Browser zu öffnen, die genannte Adresse einzugeben und dann der Verwendung der Kamera zuzustimmen. Man kann aber auch einen beliebigen Computer nehmen, das Bild im Dokument abspeichern und dann hochladen. Der schmale Band kann hier kostenlos bezogen werden.

Abb.: Das Cover des Bändchens