Sprachaufzeichnungen aus dem Schlafzimmer

„Amazon gibt intime Alexa-Sprachdateien preis“, meldete Heise News. „Die Sprachaufzeichnungen stammen hörbar aus der Intimsphäre fremder Personen, beispielsweise aus Wohnzimmer, Schlafzimmer und Bad.“ (Heise News, 20. Dezember 2018) In „Die Spione im eigenen Haus“ von Oliver Bendel, erschienen in „Wissen – Macht – Meinung: Demokratie und Digitalisierung“ (2018), heißt es: „Sobald die Geräte in Situationen und Umgebungen benutzt werden, die als vertraut und geschützt eingestuft werden, wie es bei Kommunikations- und Transaktionsgeräten wie Echo (und mit Einschränkungen bei Smartphone und Notebook) der Normalfall ist, tauchen weitere Risiken für Privatheit, Intimsphäre und Datenschutz auf … In nicht- oder teilöffentlichen Räumen spricht man anders, teilt man etwas anderes mit, hat man Privat- und Betriebsgeheimnisse, und die Diskrepanz zwischen dem Vermögen der Geräte, die permanent etwas aufnehmen, abspeichern und weitergeben können, und dem Bedürfnis nach Privatsphäre, Persönlichkeitsschutz und Geheimhaltung ist groß. Das Eindringen in den Bereich der Sexualität kann als besonders gravierend angesehen werden – man denke nur, auf der stimmlichen Ebene, an das Stöhnen oder, auf der semantischen Ebene, an Kosewörter oder … Dirty Talk.“ Das Buch ist direkt bei Velbrück (und nicht nur bei Amazon) erhältlich. Die Texte der Autoren wurden gegendert, aus einer Ideologie heraus (Meinung) und auch gegen ihren Willen (Macht). Totalitarismus statt Demokratie, könnte man sagen. Bereits 2015 ist von Oliver Bendel „Der kleine Lauschangriff: Auditive Systeme aus Sicht der Ethik“ in Telepolis erschienen, wo ebenfalls auf Echo und Alexa eingegangen wurde.

Abb.: Schlafende (Foto eines „sleep“-Bilds von Gottfried Helnwein)

Hello, sagt Barbie

„Die gefährlichsten Trends der Digitalisierung“ – so der Titel eines Beitrags in der Handelszeitung vom 12. Dezember 2016. Er beginnt mit den Worten: „Stille Zuhörer und Algorithmen, die Menschen bewerten. Wenn künstliche Intelligenz in die falschen Hände gerät, wie weit ist es dann noch bis zum Desaster? Ein Überblick über beunruhigende Ideen.“ Zitiert wird mehrmals Oliver Bendel, Informations- und Maschinenethiker an der Hochschule für Wirtschaft FHNW. „Stephen Hawking und Elon Musk sprechen seit Jahren davon, dass künstliche Intelligenz für die Menschheit zum Desaster werden kann. Tesla-Chef Musk nennt dies die zentrale Frage unserer Zeit: Dass wir einen klugen, bewussten Umgang mit schlauen Maschinen finden. Geht das überhaupt? Oliver Bendel ist da wenig optimistisch.“ (Handelszeitung, 12. Dezember 2016) Er schätzt die Vorteile moderner Technologien und entwickelt selbst sogenannte moralische Maschinen. Für problematisch hält er vor allem das Potenzial mancher Technologien in Bezug auf Überwachung und Ausbeutung. Hello Barbie, Echo von Amazon – gerade im auditiven Bereich ereignet sich eine regelrechte Explosion, die noch Ohrenschmerzen bereiten könnte. Und andere Schmerzen ebenso. Der Beitrag kann hier abgerufen werden.

Abb.: Manche Barbie-Puppen können gucken und horchen

Big Brother hört mit

Immer mehr Geräte, Produkte und Dienste haben ein Mikrofon bzw. Spracheingabe und -ausgabe. Im Beitrag „Auditive Systeme im Wohn- und Arbeitsbereich: Big Brother hört mit“ wird auf ihre Funktionen eingegangen und gezeigt, dass ein Risiko vorhanden und Vorsicht geboten ist. Oliver Bendel lässt ihn mit den Worten beginnen: „Im Kinderzimmer wird es eng. Neben dem guten alten Teddybär und neben Hello Kitty als Puppe steht oder liegt Hello Barbie. Anders als ihre plüschigen und niedlichen Freunde und Freundinnen ist sie intelligent. Künstlich intelligent, aber immerhin. Sie versteht und hört mit.“ Am Ende heißt es: „Man kann versuchen, auf bestimmte Geräte und Maschinen zu verzichten, und man kann mit Abwehrsystemen gegen diese vorgehen. Der Einzelne wird allerdings dem Ansturm der Möglichkeiten ausgeliefert sein. Deshalb braucht es ethische Überlegungen – vor allem aus Medien-, Technik- und Informationsethik heraus – und rechtliche Konsequenzen.“ Der Artikel ist am 19. Oktober 2015 in der Zeitschrift ICTkommunikation erschienen und über ictk.ch/inhalt/auditive-systeme-im-wohn-und-arbeitsbereich-big-brother-h%C3%B6rt-mit aufrufbar.

Abb.: Albtraum Barbie?

Der kleine Lauschangriff

Das gesprochene Wort ist seit jeher Objekt der Begierde, nicht erst seit dem Kalten Krieg und der Arbeit des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, von der Bevölkerung auch „Horch und Guck“ genannt. Das lautlose Anschleichen und hemmungslose Mitlauschen gehört in jeden Indianerfilm und in jede Intrige. Während „Guck“ aus der Ethik heraus recht umfassend behandelt wurde, bedarf „Horch“ noch eines genaueren Hinsehens bzw. -hörens, gerade im 21. Jahrhundert, und nicht nur in Bezug auf Staatsapparate, Strafverfolgungsbehörden und Nachrichtendienste, sondern auch und insbesondere in Bezug auf Privatpersonen und Unternehmen, die sozusagen den kleinen Lauschangriff erproben. Sprach- und Tonsysteme erobern die Welt, sei es in Form von Lautsprechersäulen, intelligenten Fernsehern, Mobilgeräten wie Smartphones und Tablets und darauf installierten Assistenten, intelligentem Spielzeug sowie Datenbrillen und Drohnen, die Mikrofone besitzen. Die Ethik, ob Informations- oder Technikethik, kann Probleme wie den Verlust der informationellen und persönlichen Autonomie identifizieren. Der Artikel „Der kleine Lauschangriff“ von Oliver Bendel bietet einen Überblick über auditive Systeme im Alltagsleben, die zur Überwachung geeignet sind, und geht auf Fragen der Ethik ein. Er ist am 5. Juli 2015 in Telepolis erschienen und kann über www.heise.de/tp/artikel/45/45319/1.html aufgerufen werden.

Abb.: Das Ohr hört mit