Voraussetzungslosigkeit und Vorurteilsfreiheit

Als Sachverständiger im Bundestag hat sich Oliver Bendel im Juni 2016 den Fragen der Abgeordneten gestellt. Davor hat er einen umfangreichen Katalog an Fragen schriftlich beanwortet. Eine davon bezog sich auf eine Ethikkommission, die sich moralischen Herausforderungen rund um Robotik, Künstliche Intelligenz und Datennutzung widmen soll. Oliver Bendel bezog schriftlich wie folgt Stellung: „Grundsätzlich ist die Einsetzung einer Ethikkommission eine gute Idee, und in Europa existieren ja auch solche Einrichtungen in unterschiedlichen Formen, sowohl auf nationaler Ebene als auch in Organisationen. Diese können aber nicht durchweg überzeugen. Man unterscheidet zwischen philosophischer und theonomer bzw. theologischer Ethik, zwischen Moralphilosophie und -theologie. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Moraltheologie ein so großer Platz eingeräumt wird, wenn man zugleich Voraussetzungslosigkeit, Vorurteilsfreiheit und Wissenschaftlichkeit wünscht. Es wäre fatal, wenn eine Ethikkommission, die aus der Perspektive von Technik-, Informations- und Medienethik beratschlagen soll, nicht wissenschaftlich fundiert, sondern von religiösen Überzeugungen bestimmt wäre.“ Ob die Ethikkommission, die der Bundesverkehrsminister einsetzen will, frei von theonomer Ethik ist, und ob sie zu Ergebnissen kommt, die in der Gesellschaft überzeugen und die eine moralisch und rechtlich sichere Grundlage für die Entscheidungen von automatischen und autonomen Autos darstellen, wird sich zeigen. Seine grundsätzliche zwiespältige Haltung zu einer einschlägigen Ethikkommission drückte der Wissenschaftler gegenüber dem Bundestag so aus: „Ich habe in verschiedenen Beiträgen die Idee der Ethikkommission kritisch betrachtet. Eine Alternative zu ihr sehe ich im Moment nicht; man muss sie aber als Expertengruppe einsetzen, die methodisch sauber argumentiert. Für eine eigenständige Ethikkommission zu Herausforderungen der Informationsgesellschaft spricht auch, dass der Deutsche Ethikrat kaum Kompetenzen in diesem Bereich besitzt.“ Weitere Informationen und Aussagen sowie die Aufzeichnung der Anhörung sind über www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw25-pa-digitale-agenda/427996 zu finden.

Abb.: Eine Ethikkommission sollte nicht zum Himmel aufschauen