Ein neues Kompetenzzentrum wurde an der Universität Siegen eingerichtet. Dieses beschäftigt sich, wie westfalen-heute.de am 13. Juli 2015 schreibt, mit den ethischen (eigentlich moralischen) und gesellschaftlichen Folgen von Innovation und Forschung. Das Center for Responsible Innovation & Design (CRID) ist am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik angesiedelt. Leiter und Gründer ist Prof. Dr. Dr. Björn Niehaves. Weiter heißt es: „Im Mittelpunkt der Arbeit am CRID steht die Frage, wann der Fortschritt wirklich gut im ethischen Sinn ist. Zu den Themen zählt unter anderem der Umgang mit sensiblen Daten, die im Zuge der Digitalisierung von intelligenten Systemen erhoben werden, zum Beispiel von Fahrassistenten im Auto.“ Ziel sei es, negativen Auswirkungen von Forschung und Innovation vorzubeugen und zugleich die Chancen bestmöglich zu nutzen. Weitere Informationen über www.uni-siegen.de.
Abb.: Fortschritt und -bewegung mit gutem Gewissen
Die Schweizer Informatik Gesellschaft (SI) plant einen Relaunch der Fachgruppe Informatik und Gesellschaft. Im KLEINEN LEXIKON DER INFORMATIONSETHIK steht geschrieben: „Ein Teilgebiet der Informatik nennt sich Informatik und Gesellschaft. Es handelt sich zugleich um einen Fachbereich der Gesellschaft für Informatik (GI). Laut GI analysieren dessen Mitglieder die Voraussetzungen, Wirkungen und Folgen von Informatik, Informationstechnik und Informationsverarbeitung, und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft. Die Bedeutung des Teilgebiets hat allerdings stark abgenommen.“ Vielleicht trifft diese Feststellung bald nicht mehr zu. Die Schweizer Fachgruppe könnte sich sozialen, rechtlichen und moralischen Problemen widmen und die Informationsethik stärken. Diese ist zur Zeit an der HTW Chur und an der Hochschule für Wirtschaft FHNW vertreten. Das erste Treffen findet im Mai 2015 in Bern statt.
Die Universität Hamburg schreibt eine W3-Universitätsprofessur für Ethik in der Informationstechnologie aus. „Die Professur soll in interdisziplinäre Zusammenhänge in Forschung und Lehre an der Universität Hamburg eingebunden werden. Insbesondere wird eine Kooperation mit der zeitgleich am Fachbereich Philosophie ausgeschriebenen Professur für Ethik in Kultur und Gesellschaft sowie mit dem Kompetenzzentrum Nachhaltige Universität erwartet.“ (Ausschreibungstext der Uni Hamburg) Besonders interessant ist, dass nicht nur die Informationsethik, sondern auch die Maschinenethik abgedeckt werden soll. Man unterscheidet in der Ausschreibung u.a. „Gestaltungsethik: nachhaltige gesellschaftsverträgliche Technikgestaltung, Robotik, smarte Technologien, Automatisierung und Arbeit, Virtualisierung von Gütern“ und „Informations- und Kommunikationsethik: Auswirkungen der Digitalisierung, informationelle Selbstbestimmung, informationsbasierte Individualisierung und Diskriminierung, technische Aspekte geistigen Eigentums und damit zusammenhängende Veränderungsprozesse“ (Ausschreibungstext der Uni Hamburg). Bewerbungen werden bis zum 14. Mai 2015 per E-Mail oder Snail-Mail erbeten. Für nähere Auskünfte steht Prof. Dr. Hannes Federrath zur Verfügung. Weitere Informationen sind über die Website der Universität Hamburg (Rubrik Stellenangebote) verfügbar.
Ein neues Beratungsangebot findet sich seit Anfang April 2013 auf der Website des Instituts für Wirtschaftsinformatik an der Hochschule für Wirtschaft der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW. Es richtet sich auf die Maschinenethik, die auch als Algorithmenethik bekannt ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kompetenzschwerpunkts Digital Innovation & Learning (DIL) unter der Leitung von Prof. Dr. Oliver Bendel stellen dar, welche normativen Modelle in einem bestimmten Bereich in Frage kommen, und vermitteln Kontakte zu internationalen Forschungs- und Anwendungspartnern. Sie erarbeiten Studien, die das Potenzial der Maschinenethik sowie Chancen und Risiken für das jeweilige Geschäftsfeld aufzeigen. Die Schwerpunkte liegen in der Verbesserung von Systemen mit natürlichsprachlichen Fähigkeiten (etwa von pädagogischen Agenten, mobilen Sprachassistenten und Chatbots) in ethischer Hinsicht und in der Entwicklung von Szenarien zu kommerziellen Anwendungen von moralischen Maschinen.
Die Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften (SATW) hat eine „Themenplattform Ethik“ aufgesetzt, die über www.satw.ch/organisation/tpf zu erreichen ist (Link nicht mehr gültig). Auf der Website heißt es zur grundsätzlichen Motivation: „Die SATW befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen den technischen Wissenschaften, der Gesellschaft und der Umwelt. Es ist ihre Aufgabe, durch sachliche Informationen Ängste und Unsicherheiten in der Gesellschaft abzubauen und durch eine Erörterung von Chancen und Risiken von neuen Technologien einen Beitrag zu einer breiten, ethischen Diskussion zu leisten.“ Es werden zwei allgemeine Ziele formuliert: Zum einen sollen die Auszubildenden im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich über Kenntnisse in Ethik verfügen, zum anderen die Entscheidungsträger in Wirtschaft und Politik „für ethisches Handeln“ sensibilisiert werden. Die Leitung obliegt Dr. Tony Kaiser, der bei der ALSTOM (Schweiz) AG „verantwortlich für die langfristigen Technologieprogramme im Kraftwerksbereich“ (Website ETHZ) ist.
Der bekannte Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann hat zusammen mit Thomas Kuhn, Tanja von Egan-Krieger und Sebastian Thieme das MeM gegründet, die „Denkfabrik für Wirtschaftsethik“. Diese „bearbeitet ökonomische Fragen unserer Zeit aus einer paradigmatisch neuartigen, ethisch-integrierten Sicht auf das Wirtschaften“ (Zitat von der Website). Sie möchte praktische Orientierungen bieten und Perspektiven eröffnen für eine menschliche Marktwirtschaft. Mit dem Memorandum 2012 tritt eine Gruppe „besorgter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ für „eine Erneuerung der Ökonomie“ ein. In dem Memorandum heißt es:
Studierende fordern, dass ethische Reflexionen zu einem festen Bestandteil und zu einem „roten Faden“ des Wirtschaftsstudiums werden sollten, damit Wirtschaftswissenschaftler in der Lage sind, „verantwortlich handeln zu können“. Ebenso ruft eine Gruppe Schweizer und französischer Dozierender und Forscher unter dem Titel „Forschung und Lehre in Wirtschaftswissenschaften, Finance und Management sollen erneuert werden mit dem Ziel, dem Allgemeinwohl besser zu dienen“ dazu auf, auch die „ethischen Grundlagen“ der „herrschenden Lehre in den Wirtschaftswissenschaften“ zur Diskussion zu stellen.
Zu den Bereichsethiken, die in den Wirtschaftswissenschaften relevant sind, gehört auch die Informationsethik. Ihre Inhalte und Methoden werden z.B. in der Wirtschaftsinformatik gelehrt. So absolvieren Studierende der Hochschule für Wirtschaft an der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW einen Kurs zur Informationsethik, zur Zeit noch unter der Bezeichnung „Informatik, Ethik und Gesellschaft“. Weitere Informationen zum MeM sind über www.mem-wirtschaftsethik.de erhältlich.